Schmetterlinge im Formationsflug

Meine Gedanken fliegen wieder. Und sie fliegen ungebeten. Das ist ihr gutes Recht, sagen sie. Schließlich wären sie dafür da. Ich habe es aufgegeben, ihnen zu widersprechen. Ich bin zu schwach.

Grundsätzlich finde ich ja, dass „Gedankenmachen“ eine feine Sache ist. Es fühlt sich an wie eine warme Tasse Tee an einem Regentag – man braucht es nicht zwingend, aber es ist schön. Und manchmal sind die Gedanken so munter, dass ich sie aufschreibe und ins Internet stelle. Eine seltsame Angewohnheit, das gebe ich zu. Manche schütteln den Kopf und murmeln „verrückt“. Andere lesen es mit einem schiefen Grinsen und finden es unterhaltsam. Beides ist mir recht.

Aber am Abend, wenn der Tag langsam die Rollläden runterlässt, dann werden die Gedanken frecher. Sie treiben sich herum wie Straßenjungen in der Dämmerung, laufen in Sackgassen, steigen über Gartenzäune. Sie verlieren sich in Dingen, die mit der Realität nur noch lose verwandt sind.

„Schluss jetzt“, sage ich streng zu mir selbst. „Es reicht. Schlafenszeit.“

Aber wohin mit den Gedankenresten? Sie sind hartnäckig. Klammern sich fest wie Kletten an einer Wollsocke. Und genau wie Kletten haben sie keinen Plan, wohin sie eigentlich wollen. Also stelle ich mir vor, sie wären Schmetterlinge. Zack, alle in Formation. Ich pfeife einmal, und sie ordnen sich wie Kunstflieger am Himmel. Eine elegante Kurve, eine kühne Schleife – und dann: Abflug!

Und ich?
Ich träume von der nächsten Reise nach Portugal.