Wenn Sie je eine Keramik in der Hand halten, die nicht perfekt ist – denken Sie nicht an Fehler.
Denken Sie an Geschichten.
An Erde.
An Feuer.
An Mut.
Die geheime Sprache des Tons (⏎)
Seit einigen Jahren vergrabe ich meine Hände täglich in dunklem Ton.
Nicht, um etwas zu retten.
Sondern um etwas hervorzuholen.
Ich benutze keine Drehscheibe, mache keinen Lärm.
Nur die Finger, Geduld und vielleicht ein Messer.
Ich taste mehr, als ich forme.
Ich warte.
Bis ein Gefäß auftaucht.
Wie ein Fundstück, das sich finden lässt, wenn man leise genug wird.
Das ist keine Arbeit.
Eher ein Gespräch mit der Stille.
Der Ton nimmt alles auf.
Und gibt nichts wieder her.
Er ist ein geduldiger Zeuge,
aber nicht neutral.
Er verrät mich – liebevoll.
Aber unerbittlich.
So wird jede Schale ein Spiegelstück.
Nicht nur meiner Hände,
sondern auch meiner inneren Wetterlage.
Eine Kerbe wie ein Atemzug.
Ein Kratzer, weil der Gedanke davonging.
Ein feiner Schwung, weil es ein heller Morgen war.
Das sieht man.
Nicht gleich.
Nicht beim ersten Blick.
Aber beim dritten.
Beim Berühren.
Beim Benutzen.
Der Ton sagt nichts.
Und erzählt alles.
Ich glaube, wir sehnen uns nach Dingen,
die nicht schreien,
sondern flüstern.
Die nicht glänzen,
aber leuchten.
Die nichts beweisen wollen,
aber etwas bezeugen.
Dinge, die den Lärm nicht übertönen,
sondern ihn überleben.
Dinge, die wahr sind.
Nicht einfach nur neu.
So stehe ich in meiner Werkstatt.
Zwischen Ton und Zeit.
Und manchmal –
entsteht ein Gefäß.
Kein Produkt.
Sondern ein Gefäßwesen.
Still geboren aus Geduld
und innerem Lauschen.
In ihr wohnt mehr, als ich je hineingelegt habe.
Weil sie wartet auf:
Hände,
die sie halten.
Auf Tee,
der sie füllt.
Auf Geschichten,
die in ihr leise aufsteigen.
Und auf ein Leben
in einer anderen Küche,
wo sie nicht auffällt,
aber fehlt,
wenn sie nicht da ist.