Ichigo-Ichie

Jeden Tag schreibt mir das Leben einen Liebesbrief. Manchmal erkenne ich mich darin wieder. Manchmal aber nicht. In der japanischen Philosophie des Ichigo-Ichie finde ich Hilfe. Sie erinnert mich zuverlässig daran, dass jeder Moment einzigartig ist und sich niemals wiederholen wird. Im Kontext des Ichigo-Ichie möchte ich auch meine Teeschalen betrachten und ihre Verbindung zu den Prinzipien des Wabi-Sabi und den Ideen des Nichts von Lao-Tse erforschen.

Wabi-Sabi ist eine ästhetische Vorstellung, die Schönheit in Unvollkommenheit, Bescheidenheit und Vergänglichkeit findet. Es ist eine Feier der Einfachheit und Natürlichkeit, die die Unregelmäßigkeiten und Spuren der Zeit schätzt. In meinen Teeschalen finde ich die Essenz des Wabi-Sabi verkörpert. Jede Schale ist einzigartig und selbstverständlich handgefertigt, wodurch sie eine natürliche Unvollkommenheit widerspiegelt. Die rauen Texturen, ungleichmäßigen Formen und organischen Farbnuancen erzählen eine Geschichte von Kunst und Individualität.

Torsten Gripp | Teeschalen auf chinesischem Hocker

Die Ideen des Nichts von Lao-Tse ergänzen die Philosophie des Ichigo-Ichie und des Wabi-Sabi. Lao-Tse betont die Bedeutung des Nichts, das nicht als Leere oder Abwesenheit verstanden wird, sondern als Quelle des Potenzials und der Fülle. Es ist der leere Raum innerhalb der Schale, der den Tee aufnimmt und ihm eine Bühne für seine Aromen und Nuancen bietet. Dieser leere Raum symbolisiert die Offenheit des Geistes und die Bereitschaft, das Nichts zu umarmen und es als Quelle des Reichtums und der Inspiration zu betrachten. In der heutigen schnelllebigen Welt, in der wir oft in der Hektik des Alltags gefangen sind, bietet uns diese Einsicht einen Moment der Ruhe und Besinnung. Wir verweilen im Hier und Jetzt und genießen die Schönheit des Augenblicks.

Lassen wir uns von einer simplen Teeschale inspirieren, den Augenblick zu genießen und das Leben in seiner vollen Pracht zu umarmen.

Torsten Gripp

Torsten Gripp | Keramik