Weiter geht’s…

Die Ausstellung ist nun Teil der Vergangenheit. Für die Zukunft mache ich keine großartigen Pläne. Gegenwärtig arbeite ich wieder am Projekt „Teeschalen“.

Drei von hundert

Nach mehr als 18 Monaten Arbeit und 100 Teeschalen später, stelle ich im Rahmen einer Gruppenausstellung des Kunstvereins Wesseling meine drei besten Teeschalen aus.
Sie sind herzlich eingeladen.

Komogai-nari.

Schwarzer Ton ist eine der ältesten Tonarten. Es ist ein starkes und robustes Material, das eine lange Tradition in vielen Kulturen hat. Schwarzer Ton ist aber auch eine Herausforderung für den Töpfer, da er aufgrund seiner hohen Dichte und Konsistenz schwerer zu formen und zu bearbeiten ist als andere Tonarten.
„Nur noch ein bisschen polieren“, dachte ich beim Anblick der schwarzen Teeschale, aber dann brachen, noch vor dem Brennen, am Rand zwei kleine Stücke ab. Entgegen den allgemeinen Gepflogenheiten (die Schale komplett zerstören und die Reste wieder in den Kreislauf der Tonherstellung zurückführen), habe ich die abgebrochenen Teile wieder angefügt und die Teeschale glasiert, als wäre nichts geschehen. Sie hat nun, kaum dem Höllenfeuer entkommen, schon deutlich sichtbare Lebensspuren. Schlägt man gegen die Schale klingt sie trotzdem hell, wie all die anderen Schalen auch. Ich mag diesen kleinen Makel. Er ist meine Form von 金継ぎ Kintsugi.

Ich glaube, diese Schale wird meine Lieblingsschale. Sie hat mir den Glauben an Schönheit – trotz Makel – zurückgegeben. Ihre dunkle Farbe und einzigartige Textur erinnert mich daran, dass die Kunst des Töpferns nicht nur darin besteht, etwas Schönes zu schaffen, sondern auch, uns selbst zu erkennen und unsere Verbindung zur Welt um uns herum zu entdecken. Diese Arbeit, so wie sie oben auf dem Foto zu sehen ist, ist einzigartig und doch Teil eines größeren Ganzen. Sie ist Teil meines künstlerischen Schaffensprozesses und gleichzeitig auch Teil der Geschichte und Tradition der Keramik. Ich fühle mich geehrt, Teil dieser Tradition zu sein. Tief in mir gibt es eine Demut, die ich fühle, wenn ich diese Arbeit betrachte. Ich weiß, dass ich immer noch viel zu lernen habe, und dass ich noch viele Fehler machen werde. Ich weiß auch, dass ich diese Arbeit nicht alleine geschaffen habe, sondern dass ich von der Natur und von anderen Menschen beeinflusst wurde. Die Kunst des Töpferns hat etwas Besonderes an sich, etwas fast Spirituelles. Es erfordert Geduld, emphatische Fähigkeiten und Hingabe. Es erfordert Ehrfurcht vor der Natur und den Materialien. Mein Gegengeschenk: Eine Trinkskulptur.

Keine wie die Andere

Jede Teeschale geht durch meine Hände. Sorgfältig geformt. Glasiert. Mit der richtigen Temperatur gebrannt. Ich habe immer eine genaue Vorstellung vom Endergebnis, aber meistens kommt etwas dazwischen. Das Zufällige. Die Temperatur des Brennofens, die Zusammensetzung der Glasur und des Tons lassen sehr viel Spielraum dafür. Ich liebe dieses Handeln nach dem Zufallsprinzip, denn so entsteht Einzigartigkeit. Ich möchte mit meinen unverwechselbaren Keramiken zur Achtsamkeit anregen.
Du hast eine Teeschale bekommen?
Nimm sie in die Hand. Betrachte sie aus der Nähe. Dann aus der Ferne. Fülle sie mit sorgfältig zubereitetem Tee. Betrachte sie erneut. Koste den Inhalt. Drehe die Schale in deinen Händen. Spüre die Wärme. Lass die Farben auf dich wirken. Schmecke den Tee. Verliere dich…

Komogai-nari II

Frisch geformt, der Ton ist gerade lederhart getrocknet, schlage ich mit einem kleinen Hammer runde Vertiefungen in den Ton. Dieser verdichtet sich und bekommt ein Dekor, wie man es von der Metallbearbeitung kennt. Hammerschlag. Mir gefällt es sehr.
Mit einer Polierkugel wird der Trinkrand und das Innere der Schale poliert. Nach ein paar Wochen Trocknungszeit bekommt die Schale eine passende Glasur und dann geht es auch schon in den Ofen.

Als Töpfer gibt es wohl kaum eine Situation, die mehr zur Verzweiflung treibt, als die Wartezeit zwischen dem Formen der wunderschönen Tonkreationen und dem Moment, in dem sie endlich aus dem Ofen kommen und ihr wahres Potenzial entfalten. Es ist eine Wartezeit voller Unsicherheit und Zweifel, eine Zeit, in der mich immer wieder frage, ob der Ton zu dick oder zu dünn ist, ob die Glasur richtig aufgetragen ist oder ob ich vielleicht doch irgendwo einen unsichtbaren Riss übersehen habe.
Die Wartezeit beginnt direkt nachdem ich die Keramiken in den Ofen gestellt habe. Zuerst ist es nur eine leichte Ungeduld, ein bisschen wie das Warten auf den Bus, der nie pünktlich ist. Aber dann wird es schlimmer. Die Minuten ziehen sich zu Stunden und die Stunden zu Tagen. Ich beginne mich zu fragen, ob ich wirklich alles richtig berechnet habe. An dieser Stelle versuche ich mich abzulenken, indem ich mich auf andere Dinge konzentriere, aber mein Geist kehrt immer wieder zu den Keramiken im Ofen zurück. Aber dann kommt der Tag, an dem der Ofen endlich abkühlt ist und ich die Tür öffnen kann. Leider stelle ich jedes Mal aufs Neue fest, dass die zukünftigen Teeschalen immer noch heiß sind und ich muss erneut warten, bis sie endlich in den Händen halten kann.
Und wenn sie dann endlich vor mir stehen, prüfe ich aufgeregt die Veränderung, die sie durch die Temperatur und Glasur erfahren haben. Manchmal ist das Ergebnis genau so, wie ich es mir vorgestellt habe, aber oft genug bin ich enttäuscht und muss mich fragen, was ich falsch gemacht habe.
Aber trotz all der Enttäuschungen und Frustrationen werde ich niemals aufhören, neue Teeschalen herzustellen, denn die Freude, die ich empfinde, wenn ich sie in den Händen halten und sie bewundern kann, ist unbeschreiblich und es ist diese Freude, die mich durch all die Wartezeiten hindurch trägt.