Keramik | 陶瓷

Torsten Gripp | Kurinuki | 2025

I don’t follow the rules.
I stretch them to their limits.

Was ich wirklich mache.

Seit einigen Jahren vergrabe ich Tag für Tag meine Hände tief in einer feuchten Masse aus dunklem Ton. Ich stelle Teeschalen, Becher, Tassen und Vasen her. Dabei halte ich mich an traditionelle japanische Methoden, bei der man Tonblöcke aushöhlt, um Formen zu schaffen. Kein Drehen an der Töpferscheibe, sondern Schnitzen und Graben. Das ist ein bisschen wie Archäologie, nur dass ich meine eigenen Artefakte erschaffe. Es ist ein langsamer, bedächtiger Prozess, der mich zwingt, mich mit dem Material zu verbinden. Jede Kerbe, jede Einkerbung erzählt eine Geschichte. Und bevor man es merkt, hat man nicht nur ein Objekt geschaffen, sondern ein kleines Stück seiner Seele darin eingebettet.

Verbindung des asiatischen Ideals mit europäischer Lebensart

Lassen Sie mich ehrlich sein: Effizienz ist das Mantra des modernen westlichen Lebens. Manchmal hetze ich durch die Tage, angetrieben von To-do-Listen, die sich frech in den Vordergrund drängen. Aber was, wenn wir alle etwas von der alten Kunst der Langsamkeit lernen würden?
Ikebana zum Beispiel, die japanische Kunst des Blumenarrangierens, oder die Teezeremonie – beides verkörpert eine Philosophie, die im westlichen Lebensstil fast absurd erscheint: das Ideal des „Nichts“. Hier geht es nicht darum, noch mehr zu tun oder noch schneller zu sein, sondern darum, innezuhalten, die Welt um uns herum wahrzunehmen und, für einen Moment, einfach zu sein.
Während Ikebana auf den ersten Blick vielleicht nur wie ein hübsches Blumenarrangement aussieht, steckt dahinter weit mehr. Es ist die Kunst, aus dem Einfachen das Wesentliche hervorzuholen. Eine Blume, ein Zweig – das genügt. Diese scheinbare Einfachheit erfordert jedoch Achtsamkeit, Geduld und die Fähigkeit, die Schönheit auch in den kleinen Dingen zu sehen.
Das Gleiche gilt für die Teezeremonie. Sie ist mehr als nur das Zubereiten und Trinken von Tee; sie ist ein Ritual der Achtsamkeit, bei dem jede Bewegung, jeder Atemzug zählt. Es ist eine Einladung, den Alltag loszulassen und sich mit dem Hier und Jetzt zu verbinden.
Und was kann ich, der an Geschwindigkeit und Multitasking gewöhnt ist, davon lernen? Vielleicht, dass es an der Zeit ist, langsamer zu werden.
Sich auf die Kunst der Langsamkeit einzulassen, bedeutet für mich, mir die Freiheit zu nehmen, für einen Moment aus dem Hamsterrad auszusteigen und die kleinen, Wunder des Lebens zu würdigen. Es bedeutet, das ich mein Streben nach Effizienz hinterfrage und stattdessen das Streben nach Bedeutung wählen sollte.
Das klappt nicht immer und ist im ersten Moment ungewohnt oder gar unangenehm. Aber die Integration dieser asiatischen Philosophien in meinen hektischen Alltag ist genau das, was ich brauche, um eine Balance zu finden – eine Balance zwischen dem, was ich tue, und dem, was ich bin.