En passant

„Auf alten Fotos sieht man jung aus.“
Sagte die alte Dame und lächelte. Vor ihr eine Schachtel mit vergilbten Aufnahmen auf Papier.
Für uns: Fotos aus der Vergangenheit.
Für sie: Ein stilles Wiedersehen.
Ihre Schwester, seit dem Krieg verschollen, lachte auf einem davon.
Nicht gefangen in der Zeit, sondern lebendig im Herzen.
Das Foto trug kein Datum.
Aber es trug Erinnerung.
Und eine zarte Wärme, die zwischen den Falten ihres Gesichts aufstieg.

Die Menschen auf den Bildern waren längst gegangen. Und doch saßen sie still mit am Tisch.

Ein Blick.
Ein Lächeln.
Ein Zittern im Licht.
Und alles war wieder da.

Fotografie – das ist nicht Technik. Nicht Blende, nicht Schärfe. Es ist ein Echo. Ein stiller Widerhall vergangener Nähe. Wehmut vielleicht. Aber auch Dankbarkeit. Für das, was war. Und das, was bleibt.

Denn wer Bilder ansieht, begegnet dem Leben.
Manchmal traurig.
Oft staunend.
Und manchmal einfach nur still.

Torsten Gripp | Die Hand.