Ein Chawan, sagen japanische Teeliebhaber. Eine Teeschale, sagen deutsche Teetrinker. Doch für mich ist es hauptsächlich ein Raum. Er ist nach oben hin offen. Ein Raum, den ich in meinen Händen halten kann, dessen Form ich betrachten kann. Ich sehe sowohl die äußere Form als auch das „Nichts“ und finde beides schön. In Anlehnung an Platons Dialoge könnte ich daher von Kunst sprechen, denn das Schöne wird nicht nur durch das Objekt selbst, sondern auch durch die Idee dahinter definiert wird. Wenn man eine solches Objekt, losgelöst von ihrer Dinglichkeit betrachtet oder – noch schöner – in die Hände nimmt, erlebt man einen doppelten Nutzen und lässt alle Sinne Schönheit genießen.
Die Essenz der Dinge befindet sich in der Symbiose von Form und Leere, von Materie und Raum. Eine Teeschale, die für den westlichen Geist oft nur ein Gefäß ist, wird im Osten zu einem Symbol, zu einem Gegenstand der Kontemplation und des ästhetischen Genusses. Die Leere im Inneren der Schale ist Einladung, oder Aufforderung zur Reflexion und zum bewussten Erleben des Augenblicks.
In der Welt der Dinge, in der wir uns täglich bewegen, sind wir oft fixiert, auf das, was wir sehen und anfassen können. Doch das wahre Wesen der Schönheit liegt im Unsichtbaren, im Nichtgreifbaren. Die Teeschale beginnt zu leben, wenn wir sie mit allen Sinnen erfassen, wenn wir die Kühle des Porzellans spüren, die sanften Kurven mit den Augen nachzeichnen, den leichten Klang hören, wenn wir ihn berühren, und vielleicht sogar den feinen Duft des Tees wahrnehmen, der aus ihr aufsteigt.
Eine Teeschale ist nicht nur ein handwerkliches Erzeugnis, sondern ein Kunstwerk, das in seiner Einfachheit und Funktionalität eine tiefere, universelle Ästhetik offenbart.