Ich gebe mich / den schönen Dingen hin und spüre: / hier beginnt der Sinn. Kein Opfer ist’s, / kein eitles Streben, nur Einverständnis – / stilles Leben.
Hinwendung fragt / nach keinem Ziel sie folgt / dem lautlos eignen Spiel. Nur Gegenwart, / nur pures Sein nur Herz, das atmet / klar und rein.
So reifen Räume / stiller Nähe wo Zeit sich selbst / ins Schweigen drehe. Ein Schritt, ein Blick, / ein Atemstück und alles fällt / in sich zurück.
Manch einer bleibt / im engen Kreis im trügerischen Glanz / der eignen Weis. Doch wer sich löst, / wer schweigen kann der hebt / im Jetzt ein Neues an.
So ahn’ ich tief / den Lebensgrund im leisen Sinn, / im innern Bund. Kein Pathos weht, / kein lauter Schein nur Dasein will / das Leben sein.
Wenn sich zwei Stimmen in Liebe zurücknehmen, entsteht ein Klangraum. Ein Raum, der beide trägt. Eine große Halle in kleinem Herzen.
Dort wächst ein stilles Glück. Und aus diesem Glück spinnt sich ein Faden, der beide Herzen an die Seele bindet.
Die Seele – eine Herzbewohnerin. Sie thront dort und lenkt das Denken. Die Gespräche tief im Inneren. Der Strom, der alles trägt, das erleben, fühlen, wollen.
Geburt ist ihr erstes Schlagzeichen. Tod ihr letztes. Die Seele gibt Sinn und Lebenskraft. Takt und Pausen. Sie ist Beginn, Mitte, Vollendung.
Friederike sagt, sie hört sie sprechen. Wie wir Nachrichten auf einem Gerät empfangen, nur inniger. Ein stilles Leuchten, ein inneres Klingen. Sie nennt es: Seelensignale. Es sagt nicht viel, doch genug. Geh. Warte. Atme. Vertraue. Ein Alphabet aus Andeutungen.
Seelenfrieden klingt aus diesem Gewebe. Ein inneres Einverstanden-Sein, tiefer als Worte. Ein Wissen: Ich bin richtig.
Friederike lächelt, wenn sie von diesem Frieden spricht, weil er nicht von außen fällt, sondern von innen strömt. Wie eine Laterne, die niemals verlischt.
Licht fällt über den Tisch. Ein Stück Farbe, scharf geschnitten aus einem größeren Schweigen. So beginnt der Tag.
Ich habe ein Bild zerteilt. Ein Werk, das einmal ganz war. Jetzt liegen kleine Quadrate auf Büttenpapier. Jedes für sich eine Welt, obwohl sie nur ein Teil sind. Die Ränder erzählen vom Verlust, aber auch von Freiheit. Der Ausschnitt wird zum Atem.
Friederike kommt leise herein. Ihre Schritte kaum hörbar. „Du hast es wieder getan“, sagt sie. Kein Vorwurf. Nur ein Blick, der spürt, wie sich etwas löst.
„Das Leben“, antworte ich, „ist auch nur ein Ausschnitt.“ Ich halte das kleine Stück hoch, das in der Sonne brennt. Orange, Rot, Braun. Eine Landschaft aus getrocknetem Feuer. „Wir sehen nie das Ganze. Nur Bruchstücke. Und doch glauben wir, alles sei vollständig.“
Friederike streicht mit der Fingerspitze über die Kante des Papiers. „Vielleicht ist es gerade das, was uns wach hält. Dass wir nie alles besitzen.“ Sie lächelt, als wüsste sie mehr, als sie sagen will.
Ich denke an meine Fotografien. An die Keramik, die ich aus dem Ton schlage. Jede Aufnahme, jeder Becher ein Versuch, einen Moment zu fassen. Aber immer bleibt ein Rand. Was nicht ins Bild fällt, atmet weiter im Unsichtbaren. Das Ganze entzieht sich. Es ist zu weit, zu tief, um benannt zu werden.
Draußen zieht der Wind an den Bäumen. Ein Blatt löst sich, taumelt ins Offene. Auch das ist ein Ausschnitt: der Augenblick, in dem ich es sehe. Alles davor, alles danach, bleibt ungeschrieben. Wir leben in solchen Splittern. Denken in Fragmenten. Selbst die Gedanken sind Scherben eines größeren Denkgefühls.
Friederike lehnt sich an den Rahmen der Tür. „Und doch“, sagt sie, „entscheidest du, wo du schneidest.“ Ihre Stimme ist sanft, fast ein Flüstern. „Das ist deine Freiheit. Du bestimmst den Ausschnitt, nicht das Ganze. Aber du kannst dem Ganzen trauen.“
Ich nicke. Es stimmt. Jeder Schnitt ist Wahl. Nicht Gewalt, sondern Gnade. Ich wähle Farbe und Form, wähle den Moment, den das Auge hält. Das Unendliche bleibt, ungerührt, wie ein stilles Meer hinter dem Horizont.
Ich sehe auf das kleine Bild in meiner Hand. Die Ränder unregelmäßig, das Licht darauf lebendig. Kein Bruchstück ohne Zusammenhang. Auch der kleinste Teil trägt die Spur des Ganzen. Wie ein Funken, der das Feuer verrät.
Friederike tritt näher. „Vielleicht“, sagt sie und ihre Augen sind weit, „ist jeder Mensch so ein Ausschnitt. Ein Stück aus einem größeren Wesen. Wir tragen das Ganze in uns, auch wenn wir es nicht sehen.“ Sie legt das Bild auf den Stapel der Postkarten. „Schick es in die Welt. Lass andere den Rest erahnen.“
Ich höre den Wind, das ferne Rauschen der Stadt. Alles fließt, alles bleibt unvollendet. Und gerade darin liegt die Schönheit. Kein Bild braucht Vollständigkeit, um zu sprechen. Kein Leben braucht das Ganze, um wahr zu sein.
Die Sonne rückt weiter. Ein neuer Schatten fällt auf den Tisch. Ein weiterer Ausschnitt. Ich halte den Atem an und lasse ihn gehen.
Essen müssen alle. Das ist so selbstverständlich, dass niemand darüber nachdenkt.
Doch wenn man den Satz verschiebt, öffnet sich eine andere Wahrheit: Kunst müssen alle. Auch das ist Nahrung.
Schon in der Steinzeit haben Menschen Bilder an Höhlenwände gemalt. Tiere, Jäger, Hände. Nicht nur als Dekor, sondern zur Erinnerung, Orientierung, Trost. In diesen Zeichnungen hielten sie ihre bewegte Zeit fest. Ein Stein wurde Leinwand, ein Strich zum Halt im Unbekannten.
Daraus spürt man: Kunst war nie Luxus. Sie war von Anfang an wichtiges Lebensmittel.
Wenn wir essen, nehmen wir etwas auf. Wir stillen Hunger. Kunst stillt einen anderen Hunger. Nicht den des Magens, sondern den der Augen und Gedanken. Wer ein Bild betrachtet, kostet Farben wie ein Stück Brot. Man geht nicht satt hinaus, aber man hat sich verändert.
Und darum sollten Sie in unsere Kunstausstellung gehen! Weil dort Räume warten, die nicht nach Arbeit riechen und nicht nach Alltag. Sondern nach Möglichkeit.
Ein Bild hängt da. Ein Rot, das brennt. Ein Grün, das Leben verspricht. Man steht davor und weiß nicht warum, aber man bleibt. Genau in diesem Innehalten geschieht das, was Worte nicht fassen: Berührung.
Farbe berührt. Sie fragt nicht nach Vorwissen. Sie verlangt keinen Kommentar. Sie wirkt wie Feuer an einer kalten Stelle. Und manchmal reicht ein einziger Strich, um die Erinnerung an eine Wiese, eine Stimme, einen Sommer wachzurufen.
Viele glauben, Museen und Galerien seien schwer zugänglich. Zu fremd, zu leise, zu abgehoben. Doch in Wahrheit sind sie Küchen. Offene Räume, in denen gekocht wird, nur eben mit Bildern, Tönen, Formen. Der Künstler bereitet zu. Der Besucher kostet. Und beide teilen denselben Tisch.
Kunst müssen alle. Nicht aus Zwang. Nicht aus Pflicht. Sondern weil wir sonst verhungern an Bedeutungslosigkeit.
Ein Tag ohne Bild ist wie ein Tag ohne Geschmack. Man lebt, ja. Aber man lebt flacher.
Ein Ausstellungsbesuch ist kein feierlicher Akt. Er ist eine Mahlzeit für die Sinne. Wer sich einmal traut, die Schwelle zu überschreiten, spürt sofort, dass etwas geschieht. Eine Tür geht auf. Nicht im Raum, sondern im Innern.
So einfach. So notwendig. Wie Essen.
Vielleicht wird Kunst nie so alltäglich wie Brot. Doch sie trägt denselben Kern: Sie nährt. Sie verbindet. Sie erinnert uns daran, dass wir Menschen sind. Seit der Höhle, seit dem ersten Strich im Stein.
Und deshalb gilt der Satz. Kunst müssen alle.
„Farbe kann mehr aufblühen lassen als Worte, weil sie dort berührt, wo der Hunger nach Leben zuhause ist.“
Ich habe diesen Stein im Rhein gefunden. Er lag nicht da wie einer von vielen. Er wollte aufgehoben werden. Von mir. An diesem sonnigen Tag.
Er trägt ein Kreuz in sich. Kein Menschenwerk, kein Hammer hat es geschlagen. Es ist gewachsen, Schicht um Schicht. Wie ein geheimer Plan der Erde. Sandstein und Quarz, Weiches und Hartes vereint. Zwei Gegensätze, die zusammen ein Zeichen bilden.
Es heißt, jeder Stein hat ein Gedächtnis. Dieser hier trägt mehr als nur Geschichten. Ich spüre es, wenn ich ihn in der Hand halte. Und wenn ich die Augen ganz fest zumache, sehe ich einen Mönch, der ihn lange vor mir am Ufer fand. Ein Bruder in brauner Kutte, dessen Hände nach Arbeit und Gebet rochen. Er bückte sich, hob den Stein auf, und das Kreuz darin brannte sich in seine Augen. Für ihn war es ein Befehl, ein Trost, ein Zeichen Gottes, das nur ihm geschenkt war. Er trug ihn mit sich, Tag und Nacht. Vielleicht legte er ihn auf den Altar. Vielleicht hielt er ihn, wenn die Zweifel kamen.
Doch der Stein wollte nicht bleiben. Er entglitt ihm am gleichen Flussufer, an dem er ihn einst fand. Und der Rhein nahm ihn zurück. Vielleicht war es der Wille des Steins. Vielleicht war seine Zeit bei diesem Mönch zu Ende. Seitdem wanderte er im Wasser. Jahrhunderte lang. Er sah Brücken stürzen, Schiffe sinken, Kriege toben. Er sah Pilger, Händler, Könige am Ufer. Er hörte Glocken und Kanonen, Lieder und Schreie. Doch er blieb. Er rollte, schliff sich, wartete.
Nun ist er bei mir.
Ich bin nicht der Erste. Vielleicht auch nicht der Letzte. Dieser Stein gehört niemandem. Er wählt, wen er begleitet. Heute bin ich es. Morgen vielleicht ein anderer.
Er erinnert mich daran, dass das Heilige nicht im Glanz wohnt, sondern im Schlichten. Dass ein Kreuz nicht nur an den Tod erinnert, sondern an Schnittpunkte: von Zeit und Ewigkeit, von Erde und Himmel, von meinem Leben und einem anderen, längst vergangenen. Ich könnte ihn in eine Kiste legen, tief verborgen wie einen Schatz. Ich könnte ihn in meiner Tasche tragen, als stummen Begleiter. Ich könnte ihn auf meinen Tisch legen; er ist schwer genug, um das Flüchtige niederzuhalten. Doch egal, was ich mit ihm mache: Er bleibt mehr, als er scheint. Denn dieser Stein ist nicht nur Gestein. Er ist mein ganz persönliches Evangelium. Ein Seelenstein, ein Kreuzling, der durch die Jahrhunderte reist. Ein Hüter, der seine Besitzer selbst aussucht. Eine Reliquie, ohne Altar, ohne Reliquiar. Und wenn ich ihn wieder verlieren sollte, auf einer Wiese, auf meinem Weg durch das Leben, vielleicht sogar erneut hier im Rhein, dann wird er weiterwandern. Er gehört ja nicht mir. Er gehört dem Universum. Bis jemand anderes ihn bekommt. Und auch er wird es spüren: Dieser Stein hat einen Willen.
Kaum stand ich am Strand, schloss ich die Augen. Atmete ein. Und ließ es zu.
Ein großer, langer Seufzer.
Er kam nicht aus der Lunge. Nicht aus dem Mund. Er kam aus einer Kammer, die keinen Namen kennt.
Wie ein geöffnetes Fenster nach einem langen Winter. Wie eine geheime Tür im eigenen Körper. Wie der Moment, wenn ein Kind aufhört zu weinen.
Der Seufzer ging durch mich hindurch wie eine Welle. Und nahm etwas mit, das ich gar nicht benennen kann. Ein Gewicht vielleicht. Eine alte Sorge. Ein Wort, das nie gesagt wurde.
Und danach fühlte mich leer. Und doch ganz. Wie ein Gefäß, das nicht mehr überläuft.
Der Sand unter meinen Füßen war warm. Die Luft schmeckte nach Salz und Licht. Irgendwo lachte jemand. Ganz leise.
Und ich spürte es. Diese Kraft, die hier wohnt. Und die mich – wie einen alten Freund nach langer Zeit, in den Arm nimmt.
Nicht laut. Nicht schnell. Nicht wie ein Entschluss.
Sondern wie ein Versprechen, das älter ist als ich.
Ein Seufzer kann etwas verändern. Nicht das Leben vielleicht. Aber den Moment.
Und das genügt manchmal. Um neu zu beginnen. Ohne zu wissen wie.
Ich behaupte etwas, das wahrscheinlich so noch nicht gedacht wurde. Nicht von der Wissenschaft. Nicht von der Kunstgeschichte. Aber von mir:
Die Seele kann Farben sehen.
Sie liest sie nicht wie Worte. Sondern wie Melodien. Jede Farbe hat eine Schwingung. Und die Seele ist ein Resonanzkörper. Wenn wir sagen: „Das berührt mich“, meinen wir oft etwas Farbiges. Ein Kleid im Wind. Ein Sonnenfleck auf dem Küchenboden. Ein altes Foto, das gelblich verblasst. Und genau darin seine Wahrheit trägt.
Die Seele filtert keine Konturen. Sie fragt nicht nach der exakten Kante zwischen Blütenblatt und Hintergrund. Sie will wissen: Was schwingt da? Was klingt da?
Ich fotografiere gern unscharf. Blumen, die zu tanzen scheinen. Gesichter, die sich auflösen. Landschaften, die nur noch Andeutungen sind. Wie Erinnerungen aus einem früheren Leben.
Warum?
Weil die Wahrheit nicht in der Schärfe liegt. Ein scharfes Bild behauptet: So ist es. Ein unscharfes Bild fragt: Was siehst du? Das ist der Unterschied zwischen Abbild und Angebot. Und ich will keine Abbilder machen. Ich will Möglichkeiten eröffnen.
Farbe irrt sich nie
Eine Blume bleibt eine Blume, auch wenn du ihre Ränder verlaufen lässt. Warum? Weil ihre Farbe bleibt. Du kannst eine Mohnblume zerdrücken, sie verwischen, sie auflösen in Pixel und Licht, und dennoch sagt die Farbe: Ich bin da. Rot bleibt rot. Es wird vielleicht schwächer. Zarter. Aber es bleibt.
Konturen hingegen sind wie Meinungen. Flüchtig. Verhandelbar. Farben sind eher wie Stimmungen. Sie betreten den Raum, setzen sich in deine Aura, und plötzlich denkst du an deine Kindheit. Oder an ein Stück Käsekuchen.
Die Welt wäre eine andere
Wenn wir uns in einem Raum wohlfühlen, ist es selten wegen der Möbel. Meist wegen der Farbe. Oder ihrer Abwesenheit. Wenn wir anfangen würden, die Welt nicht in Formen, sondern in Farben zu sehen – würden wir vielleicht milder werden. Weniger Argumente. Mehr Abstufungen. Weniger Kanten. Mehr Übergänge.
Was wäre das für eine Gesellschaft, die Menschen nicht nach Linien einteilt, sondern nach Leuchtkraft? Ein Kind wäre nicht „unordentlich“, sondern „ein bisschen zitronengelb“. Ein alter Mann nicht „dement“, sondern „blasslila mit Lichtpunkten“. Die Liebe? Nie wieder rot. Sondern: wechselhaft. Ein Farbklang aus Türkis, Rost, Pflaume und ab und zu ein Schuss Silber.
Wissenschaft, schau her
Die Naturwissenschaft wird jetzt unruhig. Farben sind elektromagnetische Wellen, sagt sie. Photonen, sagt sie. Rezeptoren, Zapfen, Stäbchen, Sehnerv.
Ich nicke. Und lächle.
Aber was ist mit dem Innenbild? Dem, was wir sehen, wenn wir die Augen schließen? Warum können Blinde Farben fühlen? Warum spüren wir ein Licht, auch wenn keines da ist? Vielleicht, weil Farben nicht nur Lichtphänomene sind. Sondern seelische Zustände.
Die Gripp’sche Farblehre
Ich schlage eine neue Farblehre vor. Keine Skala, keine Skizzen. Sondern: Gefühlsschattierungen. Ein Vokabular für die innere Wahrnehmung.
Zustimmungsblau: ein Ton, der „Ja“ haucht
Stärkeblau: Ein klares, tiefes Saphirblau, das Halt gibt. Es steht für die innere Gewissheit und Widerstandsfähigkeit, die sich einstellt, wenn man weiß, dass man Herausforderungen meistern kann.
Seelenblau:Ein atmendes Blau-Grün. Wie ein Wasser, das atmet. Wie Mooslicht unter Gedanken.
Einsichtsgrün: Ein klares, tiefes Blattgrün, durch das die Sonne fällt. Es ist die Farbe, die sich einstellt, wenn plötzlich ein komplexer Zusammenhang sichtbar wird, wie ein frisch geknüpfter Faden im Wirrwarr der Gedanken. Es ist die Klarheit nach dem Grübeln. Heilungsgrün: Ein sanftes, klares Salbeigrün, das sich ausbreitet wie ein warmer Balsam. Es ist die Farbe der inneren Regeneration, die sich einstellt, wenn Wunden zu heilen beginnen und ein Gefühl der Erneuerung entsteht.
Seelengartengrün: Ein beruhigendes, sattes Waldgrün, das Tiefe und Weite vereint. Es ist der friedvolle Ort im Inneren, wo Gedanken sich entfalten und die Seele atmen kann, ein sicherer Hafen der inneren Natur.
Trotzgelb: strahlend mit Widerhaken
Heiterkeitsgelb: Ein unbeschwertes, sanftes Sonnengelb, das den Raum erfüllt. Es ist die leichte, unaufdringliche Fröhlichkeit, die den Tag erhellt, ohne übermütig zu sein.
Leichtigkeitsgelb: Ein schwebendes, fast gewichtsloses Zitronengelb, das sich wie ein Lächeln ausbreitet. Diese Farbe erscheint, wenn eine Last abfällt, wenn eine Sorge sich auflöst und ein Gefühl von unbeschwerter Freiheit den Raum zwischen den Gedanken erfüllt.
Wunderweiß: Ein strahlendes, fast blendendes Weiß mit einem Hauch von Gold. Diese Farbe manifestiert sich, wenn das Unmögliche plötzlich denkbar wird, ein kleiner Moment des Staunens, der die Grenzen der Vernunft für einen Augenblick aufhebt.
Freudenschimmer: Ein irisierendes, leicht rosafarbenes Weiß, das kurz aufblitzt. Dieser Farbton ist das flüchtige Glück, das sich unvermittelt zeigt, ein leichter Glanz am Rande der Wahrnehmung.
Anfangswindweiß: Ein fast transparentes Weiß, durchzogen von einem kaum wahrnehmbaren, frischen Luftzug. Es symbolisiert den leeren Raum unmittelbar vor dem ersten Gedanken, dem ersten Impuls, der erste Atemzug einer neuen Idee, die noch keine Form angenommen hat.
Altrot: wie ein verwischter Kuss auf einem alten Foto Ankerrot: Ein erdiges, stabiles Terrakottarot, das festen Halt gibt. Diese Farbe steht für die innere Stabilität und das Gefühl der Erdung, wenn man sich sicher und zentriert fühlt, auch in bewegten Zeiten.
Nachklangpurpur: Ein dunkles, sattes Purpur, das langsam verlischt wie die letzte Note eines tiefen Akkords. Diese Farbe repräsentiert das Echo eines starken Gefühls oder eines bedeutenden Erlebnisses, das noch lange nachwirkt, obwohl der Höhepunkt bereits vergangen ist.
Herzenswärmeorange: Ein mildes, goldenes Orange, das sanft vibriert. Diese Farbe umhüllt wie eine unsichtbare Decke, spendet Geborgenheit und das Gefühl, verstanden und angenommen zu sein.
Dämmerungsweiß: fast nichts – und gerade deshalb alles
Sehnsuchtsgrau: zwischen Nebel und Erinnerung
Zweifelsgrau: Ein changierendes Grau-Violett. Nicht Fisch, nicht Fleisch. Nicht Glaube, nicht Gewissheit. Sondern der Moment dazwischen.
Trostgrau: Ein weiches, umarmendes Taubengrau, das sanft umschließt. Es ist die Farbe, die sich um ein schmerzhaftes Gefühl legt und es nicht heilt, aber beruhigt und ein Gefühl der stillen Akzeptanz schenkt.
Wartegrau: Ein mattes, unbewegtes Betongrau, das die Zeit stillstehen lässt. Diese Farbe fängt den Zustand des Ausharrens ein, wenn nichts geschieht und man doch innerlich angespannt auf etwas wartet, das noch nicht sichtbar ist. Es ist die Stille vor dem Ereignis.
Zwiegesprächstürkis: Ein changierendes Türkis, das mal ins Blau, mal ins Grün kippt, je nach Perspektive. Es ist die Farbe des inneren Dialogs, wenn verschiedene Teile des Selbst miteinander verhandeln, argumentieren oder sich annähern, ohne dass ein klares Ergebnis feststeht.
Leitsternviolett: Ein klares, leuchtendes Violett, das wie ein ferner Punkt im Dunkeln schimmert. Diese Farbe symbolisiert die innere Führung und den Glauben an einen Weg, auch wenn dieser noch nicht vollständig sichtbar ist. Sie gibt den Mut, dem Unbekannten zu vertrauen.
Erkenntnisgold:Ein Gold-Gelb, das nicht aus der Sonne kommt, sondern von innen.
Sanftmutgold: Ein warmes, leuchtendes Altgold, das von innen heraus strahlt. Diese Farbe repräsentiert die stille, aber immense Kraft der Güte und des Mitgefühls – zuerst mit sich selbst, dann mit anderen. Sie ist der Beweis, dass wahre Stärke oft in der Sanftheit liegt.
Göttliches-Funken-Gold: Ein flüssiges, warmes Gold, das von innen heraus pulsiert. Diese Farbe ist nicht nur Glanz, sondern die pure Manifestation des göttlichen Funkens in jedem Wesen. Sie verleiht die Zauberkraft, das eigene Potenzial zu erkennen und zu entfalten, Wünsche in die Realität zu ziehen und das Leben mit der eigenen inneren Leuchtkraft zu verändern. Es ist das Gold der Schöpferkraft.
Lachfaltenbeige: Ein warmes, weiches Sandbeige, das Geschichten erzählt. Diese Farbe fängt die Gemütlichkeit und Weisheit eines friedvollen Moments ein, erfüllt von stiller Freude und Verbundenheit.
Brückenrosa: Es erscheint, wenn Verständnis entsteht, ohne Worte. Wenn sich Gegensätze nicht mehr fremd sind, sondern nur verschieden.
Heimkehrbraun: Ein warmes, erdiges Kastanienbraun, das Geborgenheit ausstrahlt. Es ist die Farbe des inneren Ankommens, wenn man nach einer Reise der Gedanken wieder bei sich selbst landet, in einem Gefühl der Vertrautheit und des Friedens.
Schutzschwarz: Ein solides, absorbierendes Tiefschwarz, das wie ein Schild wirkt. Es ist die Farbe des inneren Schutzes, der sich um die Seele legt, um sie vor Überforderung oder negativen Einflüssen zu bewahren, ein Mantel der Geborgenheit.
Seelenklarheitssilber: Ein klares, spiegelndes Silber, das die Wahrheit enthüllt und doch sanft ist. Diese Farbe ist der Schleierlüfter, der die Zauberkraft verleiht, die wahre Natur von Dingen und Gefühlen zu erkennen, Illusionen zu durchdringen und die eigene innere Weisheit zu hören. Es schenkt die Gabe der Intuition und der reinen Erkenntnis, die wie Mondlicht den Weg weist.
Weisheits-Lapislazuli: Ein tiefes, sternenübersätes Ultramarinblau, das die Geheimnisse des Universums in sich trägt. Diese Farbe ist der Schlüssel zur alten Weisheit und zur Zauberkraft des Verstehens. Sie verbindet uns mit dem kollektiven Wissen, schenkt die Gabe der tiefen Einsicht und die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge zu erkennen. Es ist das Blau des Wissens, das die Seele mit unendlicher Tiefe bereichert.
So würde man nicht sagen: „Ich bin traurig“, sondern: „Heute bin ich ein wenig altrot.“ Nicht: „Ich bin aufgeregt“, sondern: „Es ist wieder dieses Trotzgelb in mir.“ Friederike ist natürlich anderer Meinung. „Farben sind kein Ernstfall“, sagt sie. Sie sitzt wie immer auf dem Stuhl ohne Beine. Imaginär. Unantastbar.
„Also?“, fragt sie. „Fertig mit dem Farbenaufschreiben?“ Ich zucke mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Vielleicht. Vielleicht auch nicht.“ Sie grinst. Ein bisschen wie Aprikose im Abendlicht. Ich sage besser mal nichts. Sie weiß es ja längst. Dann legt sie den Kopf schief. „Weißt du noch, damals, als du diese Blume fotografieren wolltest? Die im Schatten zwischen zwei Steinen, hinten im Garten?“ Ich nicke. „Sie war wunderschön.“ „War sie das? Oder war’s nur der Moment drumherum?“ Ich denke kurz nach. Und plötzlich weiß ich es nicht mehr. Sie steht auf. Läuft ein paar Schritte barfuß durchs Unsichtbare.
Ich schaue ihr nach. Sie ist jetzt kaum noch zu sehen. Nur noch ein Umriss in sanftem Licht. Wie Morgendunst über grünem Tee. Dann ist sie kurz rosa. Oder pfirsich. Vielleicht auch nur ein Reflex. Dann verschwindet sie. Ein leiser Ton bleibt. Vielleicht ist es ein inneres Türkis. Oder ein Abschied in Dämmerungsweiß.
Manchmal findet man etwas, das eigentlich niemand mehr sucht.
Drei Köpfe. Nicht aus Porzellan. Nicht aus Bronze. Sondern aus Meerschaum. Zerbrochen, angespült. St. Malo. Ebbe. Ein grauer Tag.
Einst gehörten sie zu Pfeifen. Matrosen- oder Piratenhände hielten sie. Sie sahen Sturm, Schnaps und Lieder. Dann der Sturz. Der Bruch. Und das Vergessen.
Ich habe sie aufgehoben. Nicht repariert. Nicht poliert. Nur neu zusammengesetzt. In eine Schale aus dunklem Ton. Handgehöhlt, rau, eigen. Dreibeinig. Wie ein Wesen mit Stand.
Und so sind sie nun beieinander. Köpfe voller Geschichten. Ein bisschen schräg. Ein bisschen schön. Ein bisschen wie wir.
Dieses Ensemble ist kein Deko-Objekt. Es ist ein Gespräch. Ein Nachklang. Ein kleines Denkmal für das, was schon fast verschwunden war – und nun doch bleibt.
Wer es bei sich aufnimmt, nimmt drei Leben auf. Und eine Schale, die leise etwas erzählt.