Die Kunst des Scheiterns
Die Kunst des Scheiterns mit Stil
Und dann passiert es: Ein Riss. Mitten durch das Werkstück. Immer trifft es genau die Schale, die ich besonders mochte. Die perfekte Kurve, die sanfte Linie – alles dahin. Wahrscheinlich habe ich irgendwo einen Fehler gemacht. Aber wo? Vielleicht beim Ton, vielleicht beim Brennen, vielleicht bei meiner übertriebenen Selbstsicherheit. Genau werde ich es nie wissen. Leider.
Doch jetzt kommt der magische Moment: der Moment, in dem die Abfall-Tonne schreit „Hierher!“, und ich antworte: „Nicht so schnell!“ Denn was kaputt ist, muss nicht weniger wertvoll sein – manchmal wird es sogar mehr.
Hier kommt der Golddraht ins Spiel. Kintsugi, diese wunderbar tröstliche japanische Kunst, die Risse mit Gold hervorhebt, statt sie zu verstecken. Plötzlich wird der Bruch zur Zierde, der Makel zur Signatur. Meine Schale kann zwar keine Flüssigkeiten mehr halten – ein bisschen unpraktisch für eine Teeschale, zugegeben – aber es gibt ja Gummibärchen.
Man sagt, Kintsugi sei eine Philosophie der Heilung, ein Fest des Unvollkommenen. Ich sage: Es ist auch eine Form des Pragmatismus. Denn was wäre die Alternative? Perfektion ist langweilig, Unvollkommenheit ist ehrlich. Und Gummibärchen schmecken sowieso besser, wenn sie aus einer Schale kommen, die ein bisschen von der Welt gesehen hat.