Es ist einer dieser Tage, wo der Regen in Strömen vom Himmel fällt und den Tag in ein graues Kleid hüllt. Jede Hoffnung auf Sonnenschein ertrinkt in den Wassermassen. Zehn Tage vor meiner geplanten Reise durch den Balkan, entscheide ich mich zu einem gewagten Unterfangen: dem Öffnen einer Nivea-Sonnencreme-Flasche.
Mit äußerster Konzentration löse ich den Deckel und schnuppere vorsichtig. Der typische Geruch von Sonnenschutzmittel umfängt mich fast augenblicklich, aber es ist mehr als das – es ist eine Woge von Erinnerungen, die mich übermannt. Erinnerungen an meine Kindheit, als meine Mutter mich mit Nivea-Schutzschmiere einrieb, als wäre ich ein zu marinierender Hähnchenflügel. War ich glitschig wie ein Aal, schickte sie mich mit einem kleinen Klaps auf den Hintern an den Strand. Das Abenteuer konnte beginnen und es begann meistens mit dem Wälzen im feinen Sand. Horden von panierten Kindern liefen dann gemeinsam über den Strand und lachten sich kaputt, über den Anblick der Spielkameraden.
Und hier stehe ich nun an diesem verregneten Tag, unpaniert, aber umhüllt vom Nivea-Duft und der Vorfreude auf das kommende Abenteuer. Es ist mir, als ob die Reise bereits in diesem Augenblick beginnt. Doch während ich in dieser Duftwolke der Vergangenheit schwebe, wird mir bewusst, wie sehr Kindheitserinnerungen die Realität verklären können. Die Nordsee war damals ein endloses Abenteuer, ein Ozean der Freiheit, wo jeder Wellenschlag eine Aufforderung zum Eintauchen war. Für Kinder bedeutet Freiheit das grenzenlose Toben in den Wellen, das Unbekümmerte, das Gefühl der Unsterblichkeit. Doch für Erwachsene wird Freiheit oft zu einem Konzept der Verantwortung, der Entscheidungen und der Ängste, die auf den Schultern lasten wie ein nasser Mantel.
Und doch, genau in diesem Moment des Innehaltens kann ich die Freiheit spüren, die in der Erinnerung lebt – die Freiheit, die selbst die dunkelsten Regentage erhellen kann und mich voller Vorfreude auf die kommende Reise lächeln lässt.