Hohe Berge und dicke Zwiebeln

Der Abschied von Lourdes? Nun ja, sagen wir, er war nicht gerade so dramatisch. Ich habe alles erledigt, was erledigt werden musste. Souvenirs gekauft, Kerzen angezündet, und ich habe sogar ein paar Tropfen aus dem heiligen Brunnen geschlürft. Jetzt kann ich leichten Herzens nach Spanien fahren, dem Land der Sonne, der Tapas und der ausgiebigen Siestas. Die Fahrt sollte mit knappen 400 Kilometern einigermaßen gut vonstatten gehen. Mit den Kühen habe ich allerdings nicht gerechnet. Ja, ihr habt richtig gehört, Kühe. In den Bergregionen genießen sie fast den Status heiliger Kühe. Scheinbar wissen sie, dass sie unantastbar sind und haben daher beschlossen, sich heute – teilweise selbstständig – auf die Reise von den Almen in die Täler zu machen. Gemächlich schreiten sie mitten auf der Straße und wackeln mit ihren Hinterteilen, als ob sie die Straße für eine improvisierte Tanzfläche halten. Ich muss mich anstrengen, geduldig zu bleiben. Allein der Gedanke, wie lecker ein saftiges Steak sein könnte, erhält mich aufrecht.

Die Pyrenäen sind erstaunlich hoch. Auf einigen Bergspitzen blitzt sogar noch das Eis, als wollte es sagen: „Hier oben ist es verdammt kalt, also besser nicht ohne Jacke!“ Überall kann man die Spuren vom Wintersport sehen. Lifte und riesige Parkplätze. Doch dafür habe ich keinen Blick. Kurve für Kurve muss ich mein Auto in die Höhe treiben. Die Öltemperatur steigt und steigt, und ich beginne, mir ernsthaft Sorgen um den Motor zu machen. Zeit für eine Pause denke ich und halte mitten auf dem Berg an. Immer in der Hoffnung, dass sich der Motor wieder abkühlt. Diese Wartezeit gibt mir die Gelegenheit zu einem kleinen Spaziergang und schnell entdecke ich eine alte Nothütte. Leider hat sich seit vielen Jahren niemand mehr um sie gekümmert, und das Innenleben ist so morbid, dass selbst eine Halloween-Party hier unpassend gewesen wäre. Trotzdem hätte ich gern – mitten im tiefsten Winter, gerettet aus Eis und Schnee – am Kamin ein Stück vom Huhn gegrillt, während draußen vergebens ein Schneesturm an den Mauern frisst.

Aber die Zeit drängt, und ich muss weiter. Die Berge werden nun endlich zu Bergen, die es allerdings wieder hinunterzufahren gilt. Jetzt sind die Bremsen mein Sorgenkind, und ich bin mir sicher, dass sie bereits heißer als heiß sind. Noch bevor die Sorgen überhand nehmen, tauchen plötzlich uniformierte Menschen mit Maschinenpistolen auf und versperren den Weg. Mein erster Gedanke ist: „Bin ich versehentlich in einen Actionfilm geraten?“ Aber dann winken sie mich nach einem kurzen Blick in den Wagen einfach durch.
Spanien!
Ich habe gerade die Grenze nach Spanien überquert, und das ohne irgendwelche Schießereien. Ein echtes Abenteuer! Nach einigen Metern locken Geschäftemacher mit ihren Waren. Die angereisten Franzosen scheinen wie verrückt Alkohol und frisches Gemüse zu kaufen. Und dann sehe ich sie, die dicksten und schönsten Zwiebeln. Es ist, als hätte die Natur beschlossen, alle Energie in die Zwiebelproduktion zu stecken. Krass, wirklich!

Für die nächsten Kilometer passiere ich die spanische Tiefebene, nur um dann wieder in die Höhe zu fahren. Mein Hotel für den Tag oder besser gesagt, die Nacht, soll angeblich in einem Tal liegen, aber bisher habe ich noch nicht einmal Berge gesehen. Geschweige denn Täler. Noch 30 Kilometer bis zum Hotel und immer noch keine Berge in Sicht. Oh weia…

Aber plötzlich wird alles anders. Die Erde verwandelt sich von grün zu ocker, fast rot. Ein Tal öffnet sich vor mir, und ich folge der Straße zum Hotel. Nur noch 2 Kilometer. Ich kann es kaum glauben. Hier soll ich also hin? Es ist wirklich kaum zu fassen.

Das Hotel hat ein Thermalbecken, natürlich mit Thermalwasser, wie der Name schon sagt. Hier werde ich gleich baden gehen und hoffentlich meine vom Kühen-Tango strapazierten Nerven beruhigen. Nebenan füllen sie Mineralwasser in Flaschen ab. Ich fragte mich, ob sie das vor oder nach dem Badebecken machten, und beschließe, diese Frage später zu klären.

In Ruhe mache ich noch einen ausgiebigen Spaziergang. In der Nähe hängt ein altes Kloster an den Felsen, und Bachläufe rieseln entlang der Berge. Ich laufe mit dem Kopf nach oben, unten, links, rechts – einfach überall. Vor Freude rufe ich laut in die Schlucht, und das Echo antwortet mir fröhlich. Einige Spaziergänger schütteln den Kopf, aber das ist mir egal. Ich habe heute die Pyrenäen erklommen und habe zwei Länder passiert. Das Eine habe ich verlassen, das Andere betreten.

Das Abendessen gibt es erst nach acht Uhr, drei Gänge für gerade mal 20 Euro – eine Flasche Thermalwasser (Oh Gott, vielleicht trinke ich das Wasser, indem ich gerade noch gebadet habe!) und eine Flasche Rotwein eingeschlossen. Was für ein Tag, was für ein Tag!