Morgenstund – Gedanken
Kurz nach dem Aufwachen stehe ich nicht etwa auf, nein, umgeben von Kissen und Decken, bleibe ich noch eine ganze Weile liegen. Wie ein König in seinem Reich. Kein Wecker, der schrillt, keine Verpflichtungen, die rufen. Nur ich und meine Gedanken, die sich frei entfalten können, ohne den Druck des Alltags. Es ist, als würde die Welt draußen für einen Moment stillstehen, nur um mir diese kostbare Stunde zu schenken.
In dieser Stunde bin ich der Architekt meiner eigenen Welt. Ideen fliegen mir zu wie Zugvögel im Frühling. Eine neue Form für eine Vase, ein unkonventioneller Henkel für eine Tasse, ein abstraktes Muster für eine Schale. Alles scheint möglich, alles ist greifbar. Die Inspiration kommt nicht aus dem Nichts; sie entsteht aus der Ruhe, aus dem Nichtstun. Ein Zustand, der fast schon revolutionär wirkt.
Manchmal frage ich mich, ob ich in dieser Stunde eine Art höhere Wirklichkeit betrete. Alles ist klarer, einfacher, reiner. Die Sonne, die durch das Fenster scheint, taucht mein Zimmer in ein goldenes Licht. Es ist wie ein sanftes, warmes Bad für die Seele. Hier gibt es keine E-Mails, keine Nachrichten, keine To-do-Listen. Nur mich und meine Gedanken, die sich in alle Richtungen ausdehnen können. Natürlich gibt es Menschen, die meinen, diese Stunde sei verschwendete Zeit. „Steh auf, sei produktiv!“, rufen sie. Doch ich weiß es besser. Diese Stunde ist das Fundament meines Tages, das Geheimnis meiner Kreativität. Sie ist der unsichtbare Motor, der alles antreibt. Ohne sie wäre ich wie ein Töpfer ohne Ton, ein Maler ohne Leinwand.
Und so liege ich noch eine Weile, halte die Augen geschlossen und lasse die Gedanken tanzen. Ich weiß, dass ich bald aufstehen muss, dass der Alltag ruft. Aber für diesen kurzen Moment gehöre ich nur mir selbst. Und das ist, wie ich finde, der schönste Zustand, den es gibt. Eine Stunde im Bett bleiben – das ist nicht nur Luxus, das ist pure Notwendigkeit.
Ich bin froh.
Und wer froh ist, ist ein König.