Reisevorbereitungen

Das Auto hat diesen skeptischen Ausdruck im Kühlergrill, als ob es bereits ahnt, dass es eine harte Zeit vor sich hat. Ein paar Handgriffe hier, ein paar Euro dort – auch Werkstattbesuche gehören dazu. Die Mechaniker hoben die Daumen, aber ich frage mich, ob sie einfach nur höflich waren oder wirklich dachten, dass mein Mini-Camper für das Abenteuer bereit ist.

Vorfreude

Die Aufregung in mir kocht langsam hoch. Das Reisefieber, dieses ständige Kribbeln vor dem Start, begleitet mich wie ein hartnäckiger Freund. Doch das wird sich ändern, sobald ich meinen Wohnort hinter mir lasse. Ich habe keinen Plan, keine festen Ziele. Meine Route wird sich spontan entwickeln, und ich habe vor, den ausgetretenen Pfaden und den Touristenströmen aus dem Weg zu gehen. Ich forsche nach dem Alten, der Stille, dem Besonderen und den verborgenen Schätzen, die abseits der ausgelatschten Touristenpfade schlummern.

Im Inneren meines Autos thront ein kleiner, glücklicher Buddha und ein Stück Bernstein, den ich vor nicht allzu langer Zeit an der Ostsee gefunden hatte. Der Bernstein leuchtet im Sonnenlicht wie ein Schatz aus vergangenen Zeiten, und der Buddha lächelt mir zu. Das gibt mir Hoffnung und Gelassenheit – zwei Dinge, die auf meiner Reise unerlässlich sind.

Frankreich, Spanien, Portugal und Italien liegen vor mir, und ich habe vor, auch die Autobahnen zu nutzen. Mit einem mysteriösen elektronischen Gerät, von dem ich nicht einmal weiß, wie es funktioniert, kann ich die Mautstellen passieren, ohne anzuhalten. Es ist mir, als hätte ich eine geheime Waffe, und ich fühle mich wie ein moderner Ritter auf einer Quest.

Savoir-vivre

Frankreich hat seine eigenen Regeln. Hier brauche ich ein Alkohol-Test-Set. Als ob ich jemals vorhätte, mit einer Flasche Bordeaux am Steuer zu sitzen. Und dann ist da noch die grüne Versicherungskarte, die neuerdings weiß ist und die Größe eines Schreibblocks hat. Das Auto, mit mehr als hundert Pferdestärken, bekam sogar eine französische Bescheinigung, dass es kaum die Luft verschmutzt. Ich kann nun in die Städte hinein und überall in Frankreich nach (meistens kostenlosen) Übernachtungsmöglichkeiten suchen. Behilflich ist mir dabei France-Passion. So kann ich das „savoir-vivre“ Frankreichs kennenlernen und regionale Speziali­täten finden und genießen. Ich werde Gast sein auf französischen Weingütern, Schaf- und Ziegenhöfen, Käsereien und vielen weiteren landwirtschaftlichen Betrieben. Vielleicht wache ich dann – umgeben von Weinreben oder Obstbäumen – auf und lerne französische Gastfreundschaft kennen.


Selbstverständlich habe ich meine treue Kamera dabei, eine Fuji X-H1 mit all ihren Optiken. Mit ihr will ich die flüchtigen Augenblicke einfangen, die besonderen Momente, die nur für einen Wimpernschlag existieren. Das ist mein ganz persönlicher Kampf gegen die Zeit.
Keine Keramiken, keine Malerei – nur Staunen und Fotografieren steht auf dem Programm. Das Reich Gottes in Europa, werde ich in vollen Zügen genießen und … in Bildern festhalten.

Reisegefährten

Und so brechen wir bald auf, mein Auto, der Buddha mit dem Bernstein als meine treuen Begleiter und ich. Abenteuer und Augenblicke des Staunens warten auf mich – ich kann es kaum erwarten, die Straße unter die Räder zu nehmen und Unbekanntes im Bekannten zu finden.

Weiter geht’s…

Die Ausstellung ist nun Teil der Vergangenheit. Für die Zukunft mache ich keine großartigen Pläne. Gegenwärtig arbeite ich wieder am Projekt „Teeschalen“.

Komogai-nari.

Details

Ein interessanter Aspekt des schwarzen Tons ist auch seine vielfältige Verwendung in verschiedenen Kulturen. In einigen Kulturen gilt er als Symbol für Eleganz und Wohlstand, während er in anderen als Ausdruck von Schlichtheit und Natürlichkeit angesehen wird. Die Töpfertraditionen und -techniken variieren von Land zu Land, wodurch eine große Vielfalt an schwarzen Tonerzeugnissen entsteht. Von filigranen Teeschalen bis hin zu rustikalen Vasen – die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt.

Schwarzer Ton

in Form

einer Teeschale

auf dem

Tisch.

unfassbar.

Ich glaube, diese Schale wird meine Lieblingsschale. Sie hat mir den Glauben an Schönheit – trotz Makel – zurückgegeben. Ihre dunkle Farbe und einzigartige Textur erinnert mich daran, dass die Kunst des Töpferns nicht nur darin besteht, etwas Schönes zu schaffen, sondern auch, uns selbst zu erkennen und unsere Verbindung zur Welt um uns herum zu entdecken. Diese Arbeit, so wie sie oben auf dem Foto zu sehen ist, ist einzigartig und doch Teil eines größeren Ganzen. Sie ist Teil meines künstlerischen Schaffensprozesses und gleichzeitig auch Teil der Geschichte und Tradition der Keramik. Ich fühle mich geehrt, Teil dieser Tradition zu sein. Tief in mir gibt es eine Demut, die ich fühle, wenn ich diese Arbeit betrachte. Ich weiß, dass ich immer noch viel zu lernen habe, und dass ich noch viele Fehler machen werde. Ich weiß auch, dass ich diese Arbeit nicht alleine geschaffen habe, sondern dass ich von der Natur und von anderen Menschen beeinflusst wurde. Die Kunst des Töpferns hat etwas Besonderes an sich, etwas fast Spirituelles. Es erfordert Geduld, emphatische Fähigkeiten und Hingabe. Es erfordert Ehrfurcht vor der Natur und den Materialien. Mein Gegengeschenk: Eine Trinkskulptur.

Keine wie die Andere

Jede Teeschale geht durch meine Hände. Sorgfältig geformt. Glasiert. Mit der richtigen Temperatur gebrannt. Ich habe immer eine genaue Vorstellung vom Endergebnis, aber meistens kommt etwas dazwischen. Das Zufällige. Die Temperatur des Brennofens, die Zusammensetzung der Glasur und des Tons lassen sehr viel Spielraum dafür. Ich liebe dieses Handeln nach dem Zufallsprinzip, denn so entsteht Einzigartigkeit. Ich möchte mit meinen unverwechselbaren Keramiken zur Achtsamkeit anregen.
Du hast eine Teeschale bekommen?
Nimm sie in die Hand. Betrachte sie aus der Nähe. Dann aus der Ferne. Fülle sie mit sorgfältig zubereitetem Tee. Betrachte sie erneut. Koste den Inhalt. Drehe die Schale in deinen Händen. Spüre die Wärme. Lass die Farben auf dich wirken. Schmecke den Tee. Verliere dich…

Komogai-nari II

Frisch geformt, der Ton ist gerade lederhart getrocknet, schlage ich mit einem kleinen Hammer runde Vertiefungen in den Ton. Dieser verdichtet sich und bekommt ein Dekor, wie man es von der Metallbearbeitung kennt. Hammerschlag. Mir gefällt es sehr.
Mit einer Polierkugel wird der Trinkrand und das Innere der Schale poliert. Nach ein paar Wochen Trocknungszeit bekommt die Schale eine passende Glasur und dann geht es auch schon in den Ofen.

Als Töpfer gibt es wohl kaum eine Situation, die mehr zur Verzweiflung treibt, als die Wartezeit zwischen dem Formen der wunderschönen Tonkreationen und dem Moment, in dem sie endlich aus dem Ofen kommen und ihr wahres Potenzial entfalten. Es ist eine Wartezeit voller Unsicherheit und Zweifel, eine Zeit, in der mich immer wieder frage, ob der Ton zu dick oder zu dünn ist, ob die Glasur richtig aufgetragen ist oder ob ich vielleicht doch irgendwo einen unsichtbaren Riss übersehen habe.
Die Wartezeit beginnt direkt nachdem ich die Keramiken in den Ofen gestellt habe. Zuerst ist es nur eine leichte Ungeduld, ein bisschen wie das Warten auf den Bus, der nie pünktlich ist. Aber dann wird es schlimmer. Die Minuten ziehen sich zu Stunden und die Stunden zu Tagen. Ich beginne mich zu fragen, ob ich wirklich alles richtig berechnet habe. An dieser Stelle versuche ich mich abzulenken, indem ich mich auf andere Dinge konzentriere, aber mein Geist kehrt immer wieder zu den Keramiken im Ofen zurück. Aber dann kommt der Tag, an dem der Ofen endlich abkühlt ist und ich die Tür öffnen kann. Leider stelle ich jedes Mal aufs Neue fest, dass die zukünftigen Teeschalen immer noch heiß sind und ich muss erneut warten, bis sie endlich in den Händen halten kann.
Und wenn sie dann endlich vor mir stehen, prüfe ich aufgeregt die Veränderung, die sie durch die Temperatur und Glasur erfahren haben. Manchmal ist das Ergebnis genau so, wie ich es mir vorgestellt habe, aber oft genug bin ich enttäuscht und muss mich fragen, was ich falsch gemacht habe.
Aber trotz all der Enttäuschungen und Frustrationen werde ich niemals aufhören, neue Teeschalen herzustellen, denn die Freude, die ich empfinde, wenn ich sie in den Händen halten und sie bewundern kann, ist unbeschreiblich und es ist diese Freude, die mich durch all die Wartezeiten hindurch trägt.

Eine Teeschale geht auf Reise.

Diese Teeschale ist nicht perfekt proportioniert, sie ist auch nicht symmetrisch und schon gar gar nicht penibel ausgerichtet. Wer genau schaut, entdeckt sogar einen kleinen Riss, der die Funktion aber überhaupt nicht beeinträchtigt. Ich mag die kleinen Abweichungen sehr. Im Plattdeutschen sagt man: „En beten scheef hett Gott leef!“ Vielleicht ist diese Keramik daher besonders gottgefällig. Ich werde sie nicht verkaufen. Sie wird ein Geschenk. Umhüllt von Seidenpapier und gekrönt von einem Ensō mit Goldsprenkeln.