Als ich früh am Morgen aufstehe und aus dem Fenster meiner kleinen Urlaubs-Villa blicke, werde ich gewahr, dass die Welt draußen von einem dichten, weißen Nebelschleier umhüllt ist. Es scheint mir so, als ob die Natur ein Geheimnis hüten will, oder vielleicht hat sie einfach keine Lust auf ein schnelles Enthüllen ihrer Schönheit.
Mein erster Gedanke, als ich diesen dichten Morgennebel sehe, ist: „Habe ich wirklich vor, heute aus dem Haus zu gehen?
Der Nebel draußen spiegelt meine Gedanken wider, oder vielleicht sind es meine Gedanken, die den Nebel hervorgerufen haben. Es ist schwer zu sagen. Aber eines ist sicher: Beides führt zu einer gewissen Verwirrung. Mein Kopf fühlt sich an, als ob er von einer dicken, wabernden Wolke umgeben ist, die klare Gedanken unmöglich macht. Ich gieße mir eine Tasse Kaffee ein und versuche, meine Gedanken zu klären. Es ist, als ob ich durch den Nebel in meinem Kopf wandere, auf der Suche nach den verlorenen Ideen und Inspirationen. Manchmal finde ich klare Momente, in denen die Gedanken wie Sonnenstrahlen durch den Nebel brechen, und dann wieder verliere ich mich in der Undurchsichtigkeit.
Aber schließlich, wie der Morgennebel draußen, der sich langsam auflöst und die Welt wieder in all ihrer Pracht zeigt, beginnt auch der Nebel in meinem Kopf zu weichen. Die Gedanken werden klarer, die Ideen finden ihren Weg zu mir, und ich fühle mich bereit, den Tag anzugehen.
Die Reise nach Lourdes beginnt – wie immer – mit einer Autofahrt, die sich gehörig in die Länge zieht. Ich sitze im Auto, mitten in Frankreich, auf dem Weg zu einer Stadt, die für ihre heilige Grotte bekannt ist. Schon hundert Kilometer vor der Stadt erheben sich die Pyrenäen mit ihren majestätische Bergen am Horizont. Die Landschaft verspricht mir etwas ganz besonderes. Plötzlich zieht sie mich in ihren Bann.
Eine Autofahrt ist für viele ein notwendiges Übel, aber für mich ist sie Bestandteil einer Reise. Und wie könnte eine Reise ohne das obligatorische Croissant und den selbstgemachten Kaffee beginnen? Unterwegs musste ich natürlich auch noch ein paar Einkäufe erledigen. Ein riesiges Einkaufszentrum liegt auf dem Weg und – man glaubt es kaum – für mich ist der Einkauf ein echtes Highlight.
Heute Abend steht ein Festmahl auf dem Programm: Omelette mit Pied de Monton (auf die schwarzen Todestrompeten – Trompette de la Mort – habe ich aus Angst verzichtet), ein echtes französisches Baguette und hoffentlich köstliches Rillettes pur Canard als Vorspeise. Ich schwöre, ich werde nach dieser Reise ein noch echterer Gourmet sein, als vorher!
Von Hoffnungssuchern
Die heilige Grotte von Lourdes ist eine bunte Kulisse eingebettet. Überall herrscht ein Gewimmel wie in Disneyland, aber um mich herum sehe ich die vielen Kranken, Verzückten, Entrückten, Bedrückten und frommen Menschen, die nur aus einem Grund hierher kommen. Gesundheit. Fast bekomme ich ein schlechtes Gewissen, weil ich kein konkretes Anliegen habe. Aber zum Glück haben meine Freunde welche, also bete ich für sie. Und warum nicht gleich für meine Familie und den Rest der Welt? Sicher ist sicher, deshalb fülle ich auch noch zwei Liter von dem heiligen Wasser ab. Wer auch immer es haben möchte, kann es später bei mir zuhause abholen.
Mein Zimmer für die Nacht befindet sich mitten im Zentrum von Lourdes. Es ist ein einfaches Zimmer, ich meine ich, es ist wirklich sehr einfach. Auf der zweiten Etage, erreichbar über alte Treppen, befindet sich ein Raum, der gerade einmal 10 Quadratmeter groß ist. Aber was klage ich, es ist genug Platz für ein Bett!
Das Bett, das kaum in diesem bescheidenen Raum passt, ist wirklich eine Sehenswürdigkeit für sich.
Es erinnert eher an eine Hängematte als an eine Schlafgelegenheit – weich, das muss ich zugeben, aber nicht auf die angenehme Art und Weise. Nein, es ist weich, weil es von tausenden frommen Pilgern durchgelegen ist, als hätte es schon mehrere Jahrhunderte auf dem Buckel. Versucht mal, euch darauf in Bauchlage zu legen! Ein schmerzhaftes Unterfangen. Ich frage mich, ob die Leute hier in Lourdes das als Teil ihres spirituellen Erlebnisses betrachten. Vielleicht denken sie, dass es gut für die Seele ist, auf einem Bett zu schlafen, das so weich ist, dass es den Körper in alle möglichen Formen zwingt. Aber ich schweife ab. Ich habe ja einen Fluchtplan! Spanien ruft. Vielleicht erwarten mich dort Matratzen, die so weich sind wie Wolken, oder vielleicht haben sie eine ganz eigene Schlafkultur, die ich noch entdecken darf. Wie dem auch sei, ich bin bereit, mich auf das Abenteuer einzulassen und herauszufinden, wie die Spanier ihre Nächte verbringen.
Eine Urlauberin aus Neuseeland, die ich spätabends in der Küche treffe, scheint nicht ganz so begeistert von ihrer Reise zu sein. Ihr wurde der Rucksack gestohlen, und die Unterkunft entspricht wohl nicht ihren Vorstellungen. Als ich sie frage, was sie für 49 Euro erwartet hätte, verlässt sie wortlos den Raum. Man kann eben nicht alle Erwartungen erfüllen, aber hier in Lourdes, wo Wunder passieren, gibt es immer noch Platz für ein kleines bisschen Magie.