Im Land der kleinen Leute mit den großen Herzen

Es ist, als ob die Zeit in Portugal langsamer vergeht als anderswo. Die Uhren ticken gemächlich, und die Welt dreht sich im Rhythmus der portugiesischen Gelassenheit. Eine erste Pause ist fällig, und ich beschließe, irgendwo in Portugal, eine örtliche Bar zu erkunden. Das Haus mit dem auffälligen Reklameschild sieht aus, als hätte es die besten Tage hinter sich. Aber hier sehe ich viele Menschen sitzen. Ich habe einen Platz im Schatten und bestelle einen Portwein, der nur 60 Cent kostet. Was für ein Schnäppchen! Der Kaffee schlägt dann schon mit einem satten Euro zu Buche. Wie geht das, frage ich mich?

Der Inhaber, ein Mann von Charakter, Charme und großen Gesten, betrachtet mich mit einem breiten Lächeln. Ich wage die Frage nach dem Essen des Tages. Er zeigt auf den Raum zwischen seinen Beinen. Ich starre ungläubig. Doch bevor ich in Panik geraten kann, bricht er in herzhaftes Gelächter aus. „Kuh und Milch“, nuschelt er und rät, das „typisch galizische Essen“ lieber auszulassen. Ich folge seinem Rat und blicke stattdessen auf die Tische der Einheimischen, wo ich etwas entdecke, das wie Bohnen mit Kutteln in einem tiefen Teller aussieht. Es wäre einen Versuch wert, denke ich, doch am Ende siegt die Feigheit, und ich wage mich nicht daran.

Die Portugiesen. (…)

Die Menschen hier sind so lebendig, warmherzig und freundlich wie in kaum einem anderen Land. Im Gegensatz zu den Franzosen und Spaniern gehen die Portugiesen nicht automatisch davon aus, dass ich ihre Sprache mit all den Zischlauten sprechen könnte. Aus diesem Grund beherrschen fast alle Englisch oder sogar Deutsch. Was mir auch noch auffällt: Die Bevölkerung auf dem Land scheint im Allgemeinen etwas kleiner zu sein, als bei uns in Deutschland. Auf einmal bin ich mit meinen 1.75 m fast schon ein Gigant.

Heute ist Pause in Coimbra angesagt. Ein Bad im Pool und später am Abend steht Fado auf dem Programm. Die Dame an der Rezeption war so freundlich und hat mir einen Platz im „Fado ao Centro“ reserviert. Es ist ein kulturelles Musikzentrum in der Altstadt von Coimbra. Fast täglich finden hier sehens- und vor allem hörenswerte Veranstaltungen statt. Im Fado ao Centro sollen nur die besten Fado-Sänger Portugals auftreten, eine Einladung hierher ist eine große Ehre für einen Künstler. Ich bin mal gespannt, was mich erwartet.

Und dann ist da dieses Hotel, meine Freunde, vier Sterne und so viel Luxus, dass es mich beinahe umhaut. Ein Pool, eine Sauna, ein Fitnessstudio, Parken in der Tiefgarage und Frühstück am nächsten Morgen. Das wird mir guttun. Ich klopfe mir auf die Schulter und denke, dass es eine kluge Entscheidung war, nicht nach Sevilla zu fahren.
Ich lasse mich nun von der portugiesischen Gelassenheit einlullen und halte die Augen offen für weitere Abenteuer im Land der kleinen Leute mit den großen Herzen!


Es ist einer dieser Tage, die man wohl nie vergessen wird. Der Fado-Abend, der um 19 Uhr beginnen sollte, lag vor mir wie ein verheißungsvoller Schatz. Ich fand mich in einem Zustand der Gelassenheit wieder, der fast schon träge war. „Mehr Zeit als genug“, dachte ich mir, und vertrödelte den restlichen Tag.

Zu früh gekommen. (…)

Doch dann, just in dem Moment, als ich mich entscheide, aufzubrechen, trifft mich der Feierabendverkehr wie eine Keule. Stau, soweit das Auge reicht, und die falsche Abfahrt erwische ich natürlich auch. Die Kontrolle über die Navigation entgleitet mir, als das Handy dazwischenklingelt. Die Zeit rennt gegen mich an, als ob sie mit gestreckten Beinen auf einem Sprintwettbewerb um die Ecke biegen würde. In aller Not suche ich einen Ausweichparkplatz – verdammt, jetzt muss ich fast zwei Kilometer zu Fuß zurücklegen.

Um 19:01 Uhr stehe ich endlich atemlos vor dem Gebäude, in dem der Fado-Abend stattfindet. Die Dame am Eingang schaut mich prüfend an und fragt, ob ich eine Reservierung hätte. „Hab ich“, rufe ich keuchend, „vom Hotel.“ Ihre Augen weiteten sich vor Überraschung. „Ach“, sagt sie, „dann sind Sie wohl zu früh. Die Vorstellung beginnt erst um 19 Uhr.“ Ich starre sie mit fragendem Blick an, und sie erklärt mit einem Lächeln: „In Portugal ist es eine Stunde später als in Spanien. Sie müssen noch warten.“

Und so sitze ich da, wie ein verirrter Reisender in einer Zeitzone, die ich nicht bedacht hatte. Doch es hat sich gelohnt, das Warten. Der Fado-Abend entpuppt sich Lied für Lied als eine Reise in die Seele der portugiesischen Musik, die mich tief berührt.


Aber nicht nur der Fado ist ein Höhepunkt meiner Reise. Auch Coimbra hat so einiges zu bieten. Diese alte Stadt, erfüllt von lebensfrohen Studenten, fühlt sich an wie ein lebendiges Weltkulturerbe. Die friedliche Stimmung, gepaart mit dem fröhlichen Lärm der jungen Menschen, macht den Aufenthalt hier zu einem unvergesslichen Erlebnis. Coimbra hat sich gelohnt, und ich kann nur lächeln, während ich durch die kopfsteingepflasterten Gassen schlendere und mich von der Lebendigkeit dieser Stadt verzaubern lasse.