Ich wär so gern ein Hippie

Ich stehe an diesem traumhaften Strand und denke: „Ich wäre so gerne ein Hippie!“ Die Surfer, die sich am Ufer tummeln, haben diesen entspannten, braungebrannten Look, der einfach fantastisch ist. Schlank und lässig, in ihren ausgeblichenen Klamotten und mit den wilden Haaren, scheinen sie immer in bester Laune zu sein. Frieden und Glückseligkeit strahlen sie aus, und es gibt so gut wie keine Hektik oder Vorurteile.

Zukunftsgedanken. (…)

Aber mal ehrlich, wie sieht das wohl in der Zukunft aus? Irgendwann werden sie alle Strände in- und auswendig kennen – die Surferparadiese sich vielleicht sogar vom Geheimtipp hin zum Neckermann-Strand für Jedermann verwandeln. Was ist dann mit den wunderbaren Surfern? Bekommen sie einen dicken Bauch? Werden sie gemütlich? Werden sie sich langweilen und vom Burnout sprechen, wie ein ausgebrannter Arbeiter am Fließband? Ich hoffe nicht.

Hier am Fishermen’s Trail bin ich im Moment ziemlich zufrieden – abgesehen von diesem tükischen Sand. Bei jedem Schritt versinken meine Füße tief in ihm, anstatt mich voranzubringen. Oh, wie mühsam das Gehen ist! Doch die Aussicht auf das Meer, die Klippen, die üppige Vegetation und die Angler, die sich mutig an den Klippenkanten aufhalten, entschädigen für alles. Sie sind so nah am Abgrund, dass man ihnen am liebsten zurufen möchte: „Geh da weg, du wirst noch runterfallen!“

Ach, mein lieber Leser, erlaube mir, weiter von jenem sonnendurchfluteten Tag am portugiesischen Strand zu berichten. Nach einem ausgiebigen Bad im kalten Atlantik sitze ich auf einem dieser wunderbar warmen Felsen am Ufer und tauche nun nicht mehr in den Fluten, sondern in den Tiefen des Denkens. Ich grüble darüber, ob Freiheit der Schlüssel zu einem wahrhaft erfüllten Leben sein könnte, vorausgesetzt, wir sehnen uns überhaupt danach. Die Sonne, der Wind und das rhythmische Rauschen der Wellen begleiten mich freundlicherweise auf dem Weg durch die Gedankenwelt. Es ist, als würden die Elemente selbst mich umhüllen und inspirieren weiter und weiter zu denken. Doch plötzlich – mitten im Denken – überfällt mich eine große Melancholie.

Über Melancholie. (…)

Melancholie erkenne ich daran, das sich eine eigenartige Mischung aus Wehmut und Sehnsucht in den stillen Momenten meines Lebens einschleicht. Sie kann mich packen, wenn ich am Fenster sitze und in die Ferne schaue, wenn ich über vergangene Zeiten nachdenke oder darüber, was noch vor mir liegt. Und hier, an diesem wunderschönen portugiesischen Strand, hat es mich wieder einmal erwischt. Doch die Melancholie hat auch eine Schwester namens Eudaimonia. So hat mir einmal ein alter Mann erzählt. Eudaimonia ist das wohlklingende griechische Wort für ein positives Lebensgefühl, das Streben nach Glück und Wohlbefinden. Und hier am Strand von Portugal, zwischen Melancholie und Eudaimonia, erkenne ich endlich den tiefen Zusammenhang. Während ich den warmen Fels unter meinen Füßen spüre und die salzige Luft in meiner Nase, wird mir klar, dass diese Melancholie, die mich ergreift, nicht von Traurigkeit, sondern von einer Art Sehnsucht nach Freiheit getragen wird. Ich sehne mich danach, dem Alltag zu entfliehen, den Fesseln der Verpflichtungen zu entkommen und einfach dem Rhythmus des Meeres zu folgen. Freiheit ist für mich mehr als nur das Fehlen von Ketten; sie ist die Fähigkeit, das Leben nach meinen eigenen Regeln zu gestalten, im Einklang mit den Wellen des Schicksals zu tanzen und die Melodie des Augenblicks zu genießen. Und genau das finde ich hier in Portugal. Die Sonne steht mittlerweile tief am Horizont, und die Farben des Abendhimmels beginnen sich zu verändern. In diesem Moment begreife ich – in aller Tiefe – wie flüchtig das Leben ist. Diese Flüchtigkeit treibt mich an, nach meiner ganz eigenen Eudaimonia zu suchen, nach dem Glück, das tief in meiner Seele verborgen liegt.
Es ist mir nun klar, dass in den leisen, nachdenklichen Momenten des Lebens eine Einladung zur Freiheit und zum Glück verborgen ist. Und ist die wahre Freiheit und das Glück nicht das, was in den kleinen, alltäglichen Freuden des Lebens zu finden ist? In einem guten Gespräch, einem herzlichen Lachen, dem Klang der Wellen und dem sanften Kuss der Sonne auf meiner Haut?